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Vom Umgang mit Sexualstraftätern

Im folgenden findet sich meine wissenschaftliche Hausarbeit, die ich im Rahmen meines erziehungswissenschaftlichen Studiums an der Universiät Leipzig geschrieben habe. © Gabriele Finck, Juli 2007

:: Inhaltsverzeichnis ::

Einleitung

1. Das „Zerrbild der Öffentlichkeit“

2. Das Sanktionssystem in Deutschland

3. Sozialtherapeutische Anstalten

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

 

Es scheint wie ein Medaille von zwei Seiten: obwohl verhasst und verpönt zieht doch gerade der Sexualmord die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Der Täter, ganz klar, eine Bestie von Mensch, ein Verrückter, einer, vor dem man die Gesellschaft schützen sollte! Und doch: nach Schlagzeilen der Art „Kinderschänder Uwe K. ist frei“[1], „Zwölfjähriges Mädchen mehrfach vergewaltigt“[2] „Mord an Bikini-Mädchen - Sex-Riese Sven B. zu lebenslanger Haft verurteilt“[3] und lechzt die Allgemeinheit, das Abscheuliche und Undenkbare hat seine widerwärtige Faszination. Das Mitleid für unschuldige und wehrlose Kinder ist natürlich besonders groß. Sexualverbrechen nehmen in den Medien einen sehr großen Stellenwert ein; das Wörtchen „Sensationslust“ beinhaltet schon die Doppelseitigkeit – eben auch die „Lust am Bösen“[4,S.27] Keiner der etwa 2 bis 4 Sexualmorde an Kindern im Jahr bleibt der Öffentlichkeit verborgen, wohingegen andere Straftaten weitaus weniger Beachtung finden – beispielsweise kamen im Jahre 2003 108 Kinder wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr um [4,S.30]. Die starke Thematisierung in den Medien wirkt sich natürlich auch auf das Anzeigeverhalten aus – somit ist zu erklären, dass seit Mitte der Neunziger Jahre mehr Kindesmissbrauchsfälle angezeigt werden [ebd.]. Sexualstraftäter werden mystifiziert [14,S.134]: „Das öffentliche Bild wird durch seltene dramatische meist von schuldfähigen Tätern begangene sexuell motivierte Tötungen beherrscht. Es entspricht nicht dem verbreiteten unspektakulären Übergriff oder äußerlich gewaltlosen Missbrauch im Nahbereich durch schuldfähige Täter“[5, S.9] Dadurch, dass eine Meldung über Gewalt in der Familie die Verkaufszahlen nicht in die Höhe treibt, und deswegen nur die schlimmsten aller schlimmen Fälle publik gemacht werden, entsteht natürlich schnell das täuschende Bild, Verbrechen dieser Art würden enorm zunehmen. Tatsache ist jedoch, dass nicht mal 1% aller aufgezeichneten Straftaten in den Bereich von „sexuellem Missbrauch“ und „sexuelle Nötigung“ fallen [6,S.30]; und dass die Zahl der Straftaten 2006 „gegen die sexuelle Selbstbestimmung ... wie im Vorjahr- insgesamt zurückgegangen“ [6,S.133] ist – sich sogar in den letzten Jahrzehnten kaum verändert, genaugenommen etwas verringert hat [7,S.157]. Trotz der vergleichsweisen geringen Anzahl dieser Art von Verbrechen darf die Problematik sicherlich nicht unterschätzt werden.

 

1. Das „Zerrbild der Öffentlichkeit“

Obwohl im allgemeinen festzustellen ist, dass es seit den 1990er Jahren einen Rückgang der Kriminalitätsfurcht in Deutschland gibt; sich die Bürger also „sicherer“ fühlen, kommt es dennoch zu einer krassen Überschätzung der Anzahl der kriminellen Extremfälle (wie z.B. dem des Sexualmordes) und dies auch wenn Zahlen zum Rückgang vorliegen [8,S.485]. „Zahlreiche Studien bestätigten ..., dass das (Un)Sicherheitsgefühl der Bürger einerseits und die objektive Kriminalitätslage und -entwicklung andererseits, oft nicht parallel verlaufen.“ [8,S.486] Gerade Sexualverbrecher sind für viele nur „tickende Zeitbomben“, die früher oder später „wieder auf unsere Kinder losgelassen werden“[9,S.143].

Ein solcher Täter gehöre nicht nur hinter Gittern, sondern lebenslänglich (hier gebraucht im wahrsten Sinne des Wortes!) weggesperrt, da er eine Bedrohung für die Gesellschaft sei: „Sexualstraftäter, die sich zudem noch an Kindern vergangen haben, gehören lebenslänglich hinter Gitter. Diese Kinder leiden auch ein Leben lang darunter.“ [10,S.71,Leserbrief] Auch der ehemalige Generalsekretär der CDU Peter Hintze fordert: „Lebenslänglich muss lebenslänglich bleiben!“ [10,S.73] Dabei wird häufig unter lebenslänglich fälschlicher Weise eine Haftstrafe bis zum Lebensende angenommen, obwohl eine „Aussetzung des Strafrestes“ nach 15 Jahren schon möglich ist. Die Bewährungszeit beträgt 5 Jahre. [§ 57a StGB]. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich 1977 entschieden, dass eine lebenslange Freiheitsstrafe nur dann nicht verfassungswidrig sei, wenn dem „Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“ [11]

Doch nicht hinter jedem Sexualverbrechen verbirgt sich ein blutrünstiger Mord. Das Spektrum von sexuell motivierten Delikten reicht von „exhibitionistischen Handlungen und Erregung öffentlichen Ärgernisses“ (§183 StGB) über „Vergewaltigung und sexuelle Nötigung“ (§177 StGB) bis hin zum Sexualmord (§211 StGB). Fälle von Verbrechern mit „schwerer seelischer Abartigkeit“ (§20 StGB) sind jedoch ein „sehr seltenes Phänomen“[7,S.157] – und ein Gesetz für die „gewöhnlichen Sexualstraftäter“ sollte meines Erachtens nicht extreme Einzelfälle zur Diskussionsgrundlage haben; für tatsächlich nicht-heilbare Täter scheint mir die Möglichkeit einer Sicherungsverwahrung angemessen.

 

Auch scheint die Mehrheit der Bevölkerung davon auszugehen, dass ein Vergewaltiger auch immer ein Vergewaltiger bleibt, dass also ein Rückfall fast schon vorprogrammiert sei: „Wer einmal eine Frau vergewaltigt hat, wird es wieder tun“ [10,S.84] Das dem nicht zwangsläufig so ist, belegen Untersuchungen zur Rückfallstatistik. Die Zahlen variieren zwar sehr stark, was wohl bedeutet, dass auf sie nicht wirklich Verlass ist, aber ich fand mehrmals die Angabe, dass „die Rückfälligkeit ... bei etwa 12 bis 20 Prozent“ [10,S.87] läge. Ebenso unterscheidet sich der Grad des Rückfallrisikos sehr nach den jeweiligen Tätertypen. So neigen Exhibitionisten viel eher zur Rückfälligkeit als beispielsweise Inzesttäter [12]. Ebenso muss zum einen auch danach unterschieden werden, ob die Täter tatsächlich wieder einschlägig rückfällig werden – also erneut eine Sexualstraftat begehen – oder ob, was sehr viel häufiger der Fall ist, die Täter in anderen Deliktsbereichen wieder straffällig werden [ebd.]. Zum anderen beziehen sich manche Rückfallstatistiken auf eine Festnahme, andere auf eine Wiederverurteilung oder auf eine erneute Inhaftierung. Je nach Definition kann daher leicht die Rückfallquote „zwischen 10% und 60% schwanken“[4,S.37].

Was zudem häufig vergessen wird, ist, dass die Mehrheit der begangenen Sexualverbrechen von Personen im Nahbereich begangen wird. Das bedeutet, dass die Allgemeinheit Angst vor dem „bösen Unbekannten“ hat, obwohl in 2/3 aller Fälle der Täter mit dem Opfer verwandt oder gut bekannt ist [7,S.157]. Hier muss ebenso das sogenannte Dunkelfeld erwähnt werden, denn es ist davon auszugehen, dass viele Verbrechen die z.B. innerhalb der Familie verübt worden sind, gar nicht erst der Polizei gemeldet oder aufgedeckt werden.

 

Sieht man sich nun die Forderung nach härteren und längeren Haftstrafen genauer an, fällt auf, dass viele sich auf das Argument der Abschreckung stützen, wohl in dem Glauben, dass eine noch längere Haftstrafe den potentiellen Täter von seiner Schandtat abhalten würde. Dieser Vorstellung muss allerdings widersprochen werden: „Die Verhängung und der Vollzug einer Freiheitsstrafe ist als Reaktionsform auf Sexualdelikte denkbar unzureichend. Der Schaden, der mit dem Vollzug einer Freiheitsstrafe bei Sexualdelinquenten angerichtet wird, übersteigt meist bei weitem ihren Nutzen.“[13,S.141] Die abschreckende Wirkung einer Verschärfung der Gesetzlage bleibt aus, „da (die Tat) zumeist nicht auf rationalen Motiven, sondern aus irrationalen und emotionalen Beweggründen heraus begangen“[ebd.] wird. Der Gefängnisaufenthalt hätte eine „entsozialisierende Wirkung“, brächte den Gefangenen in die Lage „eines sexuellen Notstands“, fördere das „Fehlverhalten des Sexualstraftäters“ und begünstige die „Entwicklung abweichender sexueller Verhaltensweisen“ [10,S.72]. Im Gefängnis nähmen Sexualstraftäter den niedrigsten Status unter den Gefangen ein, wären sozial isoliert und häufig „vielfältigen Demütigungen und Degradierungsprozessen seitens [der Mithäftlinge] und [...] des Gefängnispersonals ausgesetzt.“ [10,S.73] Sie werden nicht selten „Opfer homosexueller Vergewaltigungen im Gefängnis“, was zu einer „Schwächung und Erschütterung des ohnehin schon geringen Selbstwertgefühls führe.“ [ebd.]

Auch härtere Strafen werden nicht als sinnvoll erachtet. Straftätern, denen mit Härte und Schärfe begegnet wird, haben keine Gelegenheit über ihre Tat und ihre Schuld und Verantwortung nachzudenken, geschweige denn sich in Empathie zu üben, weil sie vielmehr damit beschäftigt sind, ihre Lage vielleicht als ungerecht zu empfinden und einen inneren Widerstand gegen die Situation in der sie sich befinden, aufzubauen. „Mitgefühl für andere entwickelt sich nur dann, wenn einem selbst Mitgefühl entgegengebracht“ wird [14,S.136]. Wie auch bei allen anderen Delinquenten, die eine Freiheitsstrafe verbüßen müssen, schürt der Arrest Verbitterung und Aggressionen [15,S.127]. „Wohnung weg, Arbeitsplatz weg, Freunde weg“... - wenn die Täter nicht z.B. innerhalb einer Therapie auf ihr Leben nach dem Gefängnisaufenthalt vorbereitet werden, ist natürlich das Rückfallrisiko viel höher: Welche Perspektiven hat denn ein „ehemaliger Knasti“ schon? Der Strafrechtler und Psychologe Böllinger gibt weiterhin zu bedenken, dass „lange Haftstrafen ... Persönlichkeitsstörungen der Täter noch verschlimmern“ könnten [10,S.72]. Auch Gaenslen meint, dass eine Erhöhung von Strafen lediglich zu einer weiteren Überbelegung der Vollzugsanstalten führe, „welche die Resozialisierung der Gefangenen noch zunehmend erschwert und im Gegenteil kriminelle Karrieren fördert“[4,S.62]. Das bloße Wegsperren ist also nicht nur moralisch nicht vertretbar – „wer glaubt, durch martialische Sicherheitsmaßnahmen ... und Zerstörung einer lebendigen Umgebung in der Institution könne man auf Dauer Sicherheit erzeugen, irrt fatal. Erzeugt werden menschliche Zeitbomben“[14,S.136].

 

Untersuchungen der Charakteristika inhaftierter Sexualstraftäter haben ergeben, dass die Täter ihre Tat häufig verleugnen oder bagatellisieren, sie kaum Empathie mit den Opfern zeigen und ein männlich chauvinistisches Rollenverhalten an den Tag legen. [14,S.96] „Auf Seiten der Delinquenten steht hinter den Delikten oft ein schwer belasteter biographischer Hintergrund “ – diese Straftaten zu „erklären und möglicherweise [zu] verstehen, heißt dabei nicht gleichzeitig, zu entschuldigen oder forensisch zu werten“ [14,S.12] So sind viele Sexualstraftäter schon vorher delinquent auffällig geworden, waren häufig intellektuell beeinträchtigt, persönlichkeitsgestört, in Kindheit und Jugend traumatisiert und zeigten Beziehungs- und Kommunikationsstörungen. Ihre soziale Kompetenz war eingeschränkt, sie waren impulsiv und handelten unreflektiert [ebd.]. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Pfäfflin neben dem Schildern des Erschreckens und der „Abscheu vor der Tat“ auch hinweist auf die „bedrückende Begegnung mit einem in der Regel armseligen Menschen.“[7,S.156]

 

Natürlich hat es keinen Sinn, die Tat auf einen Krankheitsbegriff zu reduzieren und „den Täter von seiner Verantwortung“ [9,S.151] zu entlasten. Die persönliche Vorgeschichte, so dramatisch sie auch manchmal sei, „hebt die Schuld nicht auf, aber [...] ist unser Verständnis wert“[14,S.138]. Manch einer ist auch davon überzeugt, dass Sexualstraftäter gar nicht geheilt werden könnten, aber obwohl man Grenzen von Therapiemöglichkeiten akzeptieren muss, „gibt [es] selbstverständlich, wie bei anderen Patienten auch, Heilungen [und] Besserungen mit ausreichenden Verhaltensänderungen“[14,S.137]. Zudem zeigen Untersuchungen, „daß die Behandlung von psychisch kranken Straftätern das Rückfallrisiko ganz erheblich senkt“[ebd.]. So ist auch der Leiter des forensischen Institutes in Essen, Prof. N. Leygraf davon überzeugt, dass eine Therapie im Durchschnitt „die Rückfallrate um 50%“[10,S.87] minimiere. Außerdem ermöglicht gerade eine Therapie die Einsicht in die Schuld und die Übernahme der Verantwortung für die Tat. In all den genannten Punkten zeigt sich die Notwendigkeit von Behandlung und Therapie.

 

2. Das Sanktionssystem in Deutschland

Das Sanktionssystem in Deutschland ist zweigeteilt: Es gibt Strafen und es gibt Maßregeln zur Besserung und Sicherung. Während bei den meisten Straftaten im Allgemeinen sehr häufig Geldstrafen angewendet werden, werden bei Sexualdelikten überwiegend nur freiheitsentziehende Strafen verhängt – von denen etwa die Hälfte zur Bewährung ausgesetzt wird [4,S.63] Dies liegt im Wesentlichen daran, dass bei „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ (§§ 174 ff StGB) das Strafgesetzbuch Freiheitsstrafen vorsieht– nur bei exhibitionistischen Handlungen werden zumeist Geldstrafen verhängt. Die Maßregeln der Besserung und Sicherung (§61 ff StGB) werden noch einmal unterschieden in freiheitsentziehende Maßregeln – wie die Unterbringung im Maßregelvollzug oder in der Sicherungsverwahrung – und nicht freiheitsentziehende Maßregeln – etwa die Führungsaufsicht oder das Berufsverbot.

In den neunziger Jahren löste ein neu aufwallendes Sicherheitsdenken hitzige Debatten vom Umgang mit Sexualstraftätern aus. Obwohl das objektive Kriminalitätsbild wie schon erwähnt, keinen Anlass zu Strafverschärfungen geben dürfte, sah sich die Politik – vielleicht auf Grund des Druckes der Medien? – gezwungen eine Strafrechtsreform durchzuführen. Auffallend ist, dass das 6. Strafrechtsreformgesetz und das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten (beide von 1998) „mit einer enormen Schnelligkeit auferlegt, verabschiedet und in Kraft gesetzt worden sind“ [4,S.33] Vor allem dass diese Änderungen im Jahr der Bundestagswahl durchgesetzt wurden, legt den Schluss nahe, dass eine wählerstimmenheischende Politik zu Lasten der Täter geführt wurde.

 

Wenn dem Beschuldigten eine Sexualstraftat vorgeworfen wird und eine begründete Gefahr vorliegt, dass er vor der rechtskräftigen Aburteilung dieser Tat weiterhin delinquent sein werde, darf er vorbeugend in Untersuchungs- bzw. Sicherungshaft genommen werden [§112a StPO]. Außerdem dürfen dem Beschuldigten laut §81g StPO „Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters ... molekulargenetisch untersucht werden“.

Für den Ablauf des Strafverfahrens sowie für die Verhängung der Strafe gelten keine besonderen Regelungen für Sexualstraftäter. Allerdings kann seit neuestem die Sicherungsverwahrung schon nach dem ersten Rückfall angeordnet werden, soweit also der Täter erneut eine Sexual- oder Gewaltstraftat von erheblicher Schwere begangen hat [9,S.69]. Auf Sexualmord [§211 StGB] steht die lebenslange Freiheitsstrafe. Darunter versteht man einen Freiheitsentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber 15 Jahre. Danach kann der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden [§ 57a StGB].

 

Durch das oben erwähnte Sexualdeliktebekämpfungsgesetz sind Sexualstraftäter seit 2003 angewiesen, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen und dürfen nur noch widersprechen, „wenn dies mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist“[14,S.192]. Zudem dient diese Maßnahme auch dazu, die im Vollzug begonnenen Therapien nach der Entlassung fortsetzen zu können und damit den Delinquenten weiterhin unter Beobachtung zu halten. Ich werde später noch ausführlicher auf die Möglichkeit von Sozialtherapie in Justizvollzugsanstalten eingehen. Es gibt weiterhin die Möglichkeit einer freiwilligen Kastration, bei der operativ die Hoden entfernt werden um einen „abnormen Geschlechtstrieb“ einzudämmen [§1 KastrG]. Diese Behandlung zieht zahlreiche negative psychische und physische Effekte nach sich, wie etwa Depressionen, Antriebsschwäche, Brustbildung und Verlust an Knochengewebe [18]. Jährlich lassen sich etwa 10 bis 20 Kastrationen verzeichnen [4,S.91]. Eine weniger folgenschwere Behandlung ist die „chemische Kastration“, also eine medikamentöse Behandlung zur Dämpfung des Sexualtriebes.

Neben der Freiheitsstrafe können Sexualstraftäter auch für vermindert schuldfähig erklärt und somit in einem psychiatrischen Krankenhaus – dem sogenannten Maßregelvollzug - untergebracht werden [§63 StGB]. Etwa ein Drittel der Patienten im psychiatrischen Maßregelvollzug sind wegen eines Sexualdeliktes dort untergebracht [4,S.50]. Geht eine besonders hohe Gefahr für die Allgemeinheit von dem Täter aus, gibt es noch die Möglichkeit einer sogenannten Sicherungsverwahrung [§66 StGB]. Seit der Abschaffung der Todesstrafe ist dies die letzte Instanz im Umgang mit Schwerstverbrechern. Von den 76.629 Inhaftierten (inklusive Untersuchungshaft) Deutschlands verbüßen 54.112 Gefangene eine Freiheitsstrafe (Jugendliche ausgeschlossen), darunter sind 398 Personen in Sicherungsverwahrung und 1466 in einer sozialtherapeutischen Anstalt [16]. Rund 6000 Straftäter, die für nicht schuldfähig befunden wurden, sind in psychiatrischen Krankenhäusern, im sogenannten Maßregelvollzug untergebracht [17].

 

Nach Verbüßung von 2/3 kann der Strafrest zur Bewährung [§§ 56 ff StGB] ausgesetzt werden. Die Entlassungsvoraussetzungen haben sich jedoch derart geändert, dass nun nicht mehr darauf geschaut wird, „ob der Verurteile außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird“, sondern ob „dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.“[§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB]. Außerdem muss ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, was vorher nur bei Aussetzung des Restes der lebenslänglichen Freiheitsstrafe der Fall war [§454 StPO]. Auch kann nach Verwirkung von mindestens 6 Monaten Freiheitsstrafe Führungsaufsicht [§§ 68 ff StGB] angeordnet werden. Im Unterschied zur Strafrestaussetzung auf Bewährung wird bei der Führungsaufsicht mehr Wert auf die Überwachung des Verurteilten gelegt. So gibt es neben dem Bewährungshelfer auch noch eine Aufsichtsstelle zur Überwachung des "Verhalten(s) der verurteilten Person und (der) Erfüllung der Weisungen“[ebd.]. Sowohl bei der Bewährung als auch bei der Führungsaufsicht kann das Gericht die Weisung zur „Heilbehandlung“ auferlegen, dass also der Delinquent sich therapeutisch behandeln lassen muss [§56c StGB].

 

Ebenfalls neu ist, dass die einstmals zwingende Entlassung des Täters nach 10 Jahren aus der Sicherungsverwahrung aufgehoben wurde. Die Sicherungsverwahrung wird zunächst unbefristet angeordnet, muss aber nach 10 Jahren für erledigt erklärt werden, solange nicht weiterhin ein Hang zu schweren Straftaten besteht [§67d StGB]. Wenn also „die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, daß er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, für die Allgemeinheit gefährlich ist“ [§ 66 StGB] kann die Sicherungsverwahrung verlängert bzw. nachträglich angeordnet werden. Der Grad der Gefährlichkeit wird danach alle 2 Jahre von Gutachtern eingeschätzt.

Zur Vorbereitung der Entlassung können Vollzugslockerungen (z.B. Ausgänge) und Urlaub gewährt werden. Ein Gesetz, dass die erste Zeit nach der Entlassung regelt, gibt es nicht. Die Entlassenen sind vollkommen auf sich allein gestellt und haben keinen Rechtsanspruch auf Hilfe oder Therapie. Allerdings haben Insassen die sozialtherapeutisch behandelt wurden einen kleinen Vorzug: in § 126 StVollzG wird geregelt, dass die „Zahl der Fachkräfte für die sozialtherapeutische Anstalt ... so zu bemessen (ist), daß auch eine nachgehende Betreuung der Gefangenen gewährleistet ist, soweit diese anderweitig nicht sichergestellt werden kann.“

 

3. Sozialtherapeutische Anstalten

Im Bereich des Strafvollzugs versteht man unter Sozialtherapie diejenigen ausgegliederten Abteilungen einer Justizvollzugsanstalt die sich mit Psychotherapie, sozialem Training und Entlassungsvorbereitungen um einzelne Gefangene kümmern. Hier soll soziale Verantwortung gelernt werden.

1969 kam es zu den ersten Modellversuchen von sozialtherapeutischen Anstalten. Diese Einrichtungen bestehen bist heute [4,S.85]. Im Jahre 1975 versuchte der Gesetzgeber die Einweisung in die sozialtherapeutische Anstalt als eine Maßregel zur Besserung und Sicherung einzuführen, dies wurde jedoch 1984 „auf Wunsch der Länder wegen fehlender finanzieller Mittel“ abgewendet [ebd.]. Bis Ende 1996 entstanden in der Bundesrepublik 14 sozialtherapeutische Anstalten, mit einer Gesamtkapazität von etwa 800 Plätzen, von denen 556 Plätze belegt waren. Auf Grund der großen Nachfrage konnten die Anstalten sich die Gefangenen im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens selbst aussuchen, was sie „mitunter in Begründungsnot geraten ließ“[ebd.].

Durch umfassende Reformen änderte sich die Rechtslage grundlegend: Seit dem 26. Januar 1998 gibt es das „Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten“, welches ab 2003 vorsieht, für alle Sexualstraftäter „besonders gründlich zu prüfen, ob die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt angezeigt ist“ [§ 6 und § 9 StVollzG]. Somit steht es seitdem Sexualstraftätern nicht mehr frei, sich für oder gegen eine Sozialtherapie zu entscheiden, sondern sie werden sozusagen “zwangsbehandelt“ – gleichwohl man das auch als „subjektiven Rechtsanspruch“ auf eine Verlegung anerkennen kann. Wichtig ist, dass „jeweils individuelle Lösungen für den einzelnen Täter [gefunden werden], um eine Therapie zu gestalten, die den Täter heilt – und potentielle Opfer damit weitgehend zu schützen in der Lage ist.“ [10,S.83] Dass die Verurteilten zu einer Sozialtherapie gezwungen werden können, wurde mehrfach kritisiert. Zum einen wurde angenommen, dass eine Therapie gegen den Willen des Täters „zum Scheitern verurteilt sein müsste“[4,S.84] und zum anderen die Freiheitsrechte des Betroffenen unnötig einschränke [ebd.]. Gaenslen entgegnet diesem Vorwurf, dass ein „gewisser Initialzwang“ manchmal vonnöten sei, da viele Täter sich „erst mal einer Therapie verschließen, die Einsicht für das Erfordernis hierfür aber erst im Rahmen der Therapie entsteht“[ebd.]. Während der Verbüßung der Strafe muss über eine Verlegung zur Sozialtherapeutischen Anstalt alle sechs Monate neu entschieden werden, wenn die Freiheitsstrafe länger als zwei Jahre beträgt [§7 StVollzG]. Im Gesetzestext findet sich keine Definition der Kriterien für eine „angezeigte Verlegung“, wohl weil man davon ausgeht, dass diese Maßnahme nur dann nicht angezeigt ist, „wenn eine nichtbehebbare Therapieunfähigkeit vorliegt oder zu erwarten ist, daß mit Behandlungsmaßnahmen außerhalb einer sozialtherapeutischen Anstalt die gleichen therapeutischen Ziele erreicht werden können“[14,S.193]. Auch für die inhaltliche Ausgestaltung der Sozialtherapie (§§ 123 ff StVollzG) gibt es bisher keine vom Gesetzgeber vorgeschriebenen „speziellen, geschweige denn einheitlichen Behandlungskonzepte“[14,S.194]

Durch die Neuregelungen stieg natürlich der Bedarf an Therapieplätzen. Bundesweit wurden Therapieplätze ausgebaut bzw. „neue Abteilungen in den Justizvollzugsanstalten [dafür] eingerichtet“[4, S.87] Der Anteil von Sexualdelinquenten stieg seit 1997 von 191 auf 874 Insassen im Jahre 2004 [ebd.]. Bedenklich ist jedoch, dass andere Deliktsgruppen den Sexualstraftätern weichen – so nahm der Anteil von Eigentums -und Vermögenstätern beispielsweise um etwa 30 % ab [ebd.]. Die Gesetzgeber sehen sich dem Vorwurf gegenüber, dass nun Sexualstraftäter privilegiert werden, denn alle anderen Täter seien genauso behandlungsbedürftig. Derzeit befinden sich in Deutschland von den rund 54.000 zur Freiheitsstrafe Verurteilten etwa 1460 Gefangene in sozialtherapeutischen Anstalten.

 

Werner Krebber fasst die Ziele der Sozialtherapie wie folgt gelungen zusammen: „In der Auseinandersetzung mit dem Delikt soll der untergebrachte Patient lernen, seine Impulse zu dem delinquenten Verhalten unter Kontrolle zu bringen. [...] So wird mit ihm aufgearbeitet, in welcher Situation in der Tat befunden hat, wie seine Gefühle und Gedanken waren und wie er sich zu verhalten hat. In der Folge geht es darum, Risikofaktoren zu erkennen, angemessene Problemlösungen anzuwenden, Problemen aktiv und konstruktiv gegenüberzustehen, realistische (Behandlungs-)Ziele zu stecken, die allgemeinen Lebensumstände zu verbessern [und] externe Kontrollmöglichkeiten zu organisieren.“ [9,S.149] Spezielle Behandlungsvorschriften finden sich im Gesetz nicht – der Verlauf der Therapie richtet sich wohl nach Art der diagnostizierten Störung [4,S.89]. Kognitiv–behaviorale Therapieansätze gelten aber als „anerkannt wirksam“[ebd.], welche in dem in Deutschland typischen psychotherapeutischen Ansatz berücksichtigt werden.

 

Die Erfolgschancen der sozialtherapeutischen Anstalten im Hinblick auf die Rückfälligkeit der Straftäter sind umstritten. Die Erhebungsgruppen sind zu klein, um stichhaltige Aussagen machen zu können – zum anderen hängt die Rückfallgefahr von sehr vielen Faktoren ab, als dass man gesicherte Rückschlüsse auf die Wirksamkeit von Sozialtherapie ziehen könnte [4,S.57]. Ein positiver Effekt ist jedoch nicht zu bestreiten: In einer Metaanalyse von 2001 hätten Egg, Pearson, Cleland und Lipton 25 Studien ausgewertet und dabei „eine durchschnittliche Senkung der Rückfälligkeit gegenüber den unbehandelten Tätern um etwa 12,3 %“ [4,S.58] festgestellt. Zudem hätten Einzeltherapien mehr Erfolg als Gruppentherapien [ebd.]. „Therapieren: Der wahrscheinlich beste Weg“[10,S.80] fasst Werner Krebber zusammen.

Doch gilt es zu bedenken dass es nicht die Aufgabe von Gutachtern und Psychologen sein kann, einen Rückfall hundertprozentig zu verhindern. Das ist sicherlich utopisch. Viele scheinen einer „Rettungsphantasie“ erlegen zu sein, dass es „allwissende Fachleute“ geben kann [14,S.134]. Mit dem Anspruch, Rückfälle zu verhindern würden sich die Therapeuten selbst ein Bein stellen – die Behandlung sollte sich nur an selbstgesteckten Zielen und nicht „überhöhten äußeren Erwartungen“ orientieren und den eigenen Anspruch darauf beschränken, „die Rückfallwahrscheinlichkeit (der Delinquenten) zu senken“ [14,S.101]

 

4. Fazit

Die Recherchen für diese Hausarbeit haben mir sehr geholfen meinen eigenen Standpunkt zu Sexualstraftätern zu überdenken. Ich war überrascht von dem offensichtlichen Zusammenhang des Medienkultes um Sexualverbrechen und deren Bild in der Öffentlichkeit. Denn auch ich hatte die Brisanz des Themas an der vermeintlichen Häufung solcher Verbrechen festgemacht. Doch weder lässt sich das Vorurteil, dass die Zahl der Fälle zunimmt bei genauer Prüfung halten, noch dass die Täter „unheilbar“ und „monströs“ sind. Durch die Medien geistern Stereotype und Stigmatisierungen von Sexualstraftätern, die an wenigen überschaubaren – dafür umso extremeren und grausameren – Einzelfällen festgemacht werden. Die Forderungen nach härteren Strafen stützen sich allesamt auf Ausnahmefälle, deren Schrecklichkeit und Abscheulichkeit ich auf keinen Fall in Abrede stellen möchte. In der deutschen Gesetzgebung ist jedoch der Resozialisierungsgedanke fest verankert: Demnach soll ein jeder Gefangene durch den Aufenthalt im Vollzug „fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“ [§2 StVollzG]. Damit dieser Anspruch auch erfüllt werden kann, reicht es nicht, Straftäter einfach nur „wegzusperren“ und sie im Gefängnis sich selbst zu überlassen. Sexualdelinquenten müssen lernen – wie jeder andere auch – Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen und Wege finden eine erneute Straffälligkeit in Zukunft zu verhindern. Ob die sozialtherapeutischen Anstalten diesem Anliegen bisher genügend gerecht werden ist dabei gar nicht so sehr die Frage. Ich stimme mit Gaenslen überein, der anmerkt, dass in der Sozialtherapie jedenfalls mehr erreicht wird, als „in einem von Überbelegung geplagten Regelvollzug, in dem Sexualstraftäter eher verwahrt, denn resozialisiert werden“ [4, S.89]. Bis heute sei nicht geklärt, ob der bloße Freiheitsentzug „einen Rückfall wirklich ernsthaft verhindern (kann) oder nur aufschieben“ [4,S.60] würde. Tatsache ist, dass durch eine Therapie – also mittels einer umfassenden Beschäftigung des Täters mit sich selbst – die Chancen auf wirkliche Resozialisierung wesentlich erhöht werden. Von daher finde ich es lobenswert, dass nun seit 2003 wenigstens Sexualstraftäter auf die Notwendigkeit einer Verlegung in die sozialtherapeutische Anstalt hin geprüft werden. Doch angesichts der riesigen Menge an Straftätern die keine besondere Behandlung erfahren – halte ich die Zahl von 1460 belegten Plätzen für einfach zu wenig.

 

5. Literaturverzeichnis

[1] http://www.wikio.de/gesellschaft/justiz/uwe_k.

[2] http://www.anti-kinderporno.de/blog/index.php/site/comments/zwoelfjaehrige_vergewaltigt/

[3] http://www.bild.t-online.de/BTO/news/aktuell/2006/07/13/prozess-urteil-mord-stendal/prozess-urteil-mord-stendal.html---    13.07.2006

[4] Gaenslen, Rüdiger (2005)

Die Behandlung rückfallgefährdeter Sexualstraftäter

Tübingen: INSTITUT FÜR KRIMINOLOGIE, TOBIAS-lib

[5] Spengler S.9 in Vögele, Wolfgang: „Wohin mit den Tätern“ >> siehe [14]

[6] Polizeiliche Kriminalstatistik 2006

[7] Cornelia Musolff ; Jens Hoffmann (Hrsg.) (2006)

Täterprofile bei Gewaltverbrechen : Mythos, Theorie, Praxis und forensische Anwendung des Profilings  

Heidelberg : Springer

[8] 2. Periodischer Sicherheitsbericht 2006

[9] Grandt, Guido / Jamin, Peter H. (2002)

Sexualstraftäter. Eine Herausforderung für unsere Gesellschaft

Düsseldorf, Patmos

[10] Krebber, Werner (1999)

Sexualstraftäter im Zerrbild der Öffentlichkeit. Fakten - Hintergründe - Klarstellungen

Hamburg: Konkret

--- Leserbrief : WAZ vom 24.01.1998

[11] Urteil des Bundesverfassungsgerichts; nachzulesen in: BVerfGE 45, 187

[12] KrimZ, Elz, in Gaenslen S.47 >>siehe [4]

[13] Lorenz Böllinger in Grandt, Guido (2002) >> siehe [9]

[14] Vögele, Wolfgang Hrsg. (1999)

Wohin mit den Tätern? Strafvollzug - Psychiatrie - Führungsaufsicht. Dokumentation einer Tagung d.Ev.Akad.Loccum vom 16.-18.12.98

Loccum: Ev.Akademie

[15] Bundesarbeitsgemeinschaft für Ambulante Maßnahmen nach dem Jugendrecht (2000):  Neue ambulante Maßnahmen. Grundlagen - Hintergründe - Praxis.

Mönchengladbach: Forum-Verl. Godesberg

[16] Bestand der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten – Material auf den Webseiten des Statistischen Bundesamtes: (Stand 15.01.2007) http://www.destatis.de

[17] Statistisches Bundesamt : „Rechtspflege – Strafvollzug - Demographische und kriminologische Merkmale der Strafgefangenen zum Stichtag 31.3.06“, Fachserie 10 Reihe 4.1

[18] Heim, Nikolaus (1998)

Operation "Triebtäter": Kastration als ultima ratio. Gespräche mit kastrierten Sexualtätern

Hamburg, Dr.Kovac

 

§ 6 Behandlungsuntersuchung. Beteiligung des Gefangenen -- StVollzG  (Strafvollzugsgesetz)

(1) 1Nach dem Aufnahmeverfahren wird damit begonnen, die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse des Gefangenen zu erforschen. 2Hiervon kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint.

(2) 1Die Untersuchung erstreckt sich auf die Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung des Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach seiner Entlassung notwendig ist. 2Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches verurteilt worden sind, ist besonders gründlich zu prüfen, ob die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt angezeigt ist.

(3) Die Planung der Behandlung wird mit dem Gefangenen erörtert.

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§ 81g --  StPO (Strafprozessordnung)

(1) 1Ist der Beschuldigte einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig, dürfen ihm zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts molekulargenetisch untersucht werden, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sind. 2Die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten kann im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen.

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§ 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe – StGB  (Strafgesetzbuch)

(1) 1Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.    zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,

2.    dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und

3.    die verurteilte Person einwilligt.

2Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

 

 

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