Selbstfindung

Der Alten Heim-Weh

Bei manchen Situationen im Leben kommt man sich vor wie in einem kitschigen unrealistischen Kinofilm. Da geschehen Zufälle, die einfach zu unglaublich sind um wahr zu sein… Da trifft man auf kuriose Gestalten, wie sie sich kein Drehbuchautor hätte besser ausdenken können!

Manchmal habe ich das Glück den ein oder anderen fabelhaften Moment mit der Kamera einzufangen. Vielleicht sollte ich solche Aufnahmen mehr mit euch teilen?

Heute nun ist mir ein Video von vor ein paar Jahren wieder unter die Finger gekommen. Und wenn ich ehrlich bin, kriege ich Gänsehaut beim Schauen.

Nichts an dieser Szene ist gestellt. Ich saß in einem Altenheim in der Lobby rum und sah dieses alte Pärchen an mir vorbeigehen, zückte spontan die Kamera… Von oben ertönte eine Klaviermusik, die just in dem Moment endete, als sich die Tür hinter diesen beiden Alten schloss. Passender Weise war es zudem auch noch die Melodie von „Memory“(Cats Musical) und mir dazu die deutsche Lyrik im Kopf „Warum musste es vergehn?“

2013 war das, und kurz darauf habe ich folgende kleine Kurzgeschichte dazu verfasst:

Das Heimweh der Alten

All die kleinen und großen Streits. Begraben.

All die Diskussionen über Möbelkauf, Arbeitsplatz und Kindererziehung. Vergessen.

Keine andere Frau mehr, die ihn ihr wegnehmen will.

Kein Klimpern der Gläser und Flaschen an einem feuchtfröhlichen Abend.

Kein Kaffeekränzchen bei Schwiegermama mit ihren muffigen Schränken und vermufften Themen. Schon lang nicht mehr.

Nur noch Mittagstisch, Klavierabende und Canasta jetzt.

Nur noch die tägliche Runde ums Heim und der unalltägliche Besuch der Enkel. Schön ist es dann.

Und manchmal ein kleiner Scherz dann und wann. Sein Necken abends im Bett, das an ein anderes Leben erinnert.

Der nie mehr gestellte Wecker auf dem Nachtisch und ihre Cremetube daneben.

Der Lavendelduft beim Einschlafen.

Und morgen wieder um den Block die Runde.

Vergessen all die Streits, die Ziele, die Hoffnungen.

Das volle Leben hinter sich, die gemeinsame Zeit.

Der Blick nach vorn, der Wunsch nach mehr… Begraben.

8|11|2013

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4 Kommentare

  1. Danke!sehr treffend ausgedrückt!also nutze den Moment,schiebe nichts auf!stefan ,68 Jahre alt

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  2. Danke dir. Deine Geschichte regt zum Nachdenken an. Vieles was uns jetzt so selbstverständlich erscheint wird es wohl irgendwann nicht mehr sein….

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  3. Text und Video berühren mich sehr. Ich wünsche mir immer, dass ich auch im hohen Alter glücklich sein kann. Mit dem Schwächerwerden unseres Körpers oder Geistes, oder gar beidem scheint uns das nicht mehr möglich zu sein, oder? Gerade jetzt erinnert mich dein Beitrag an Tante Maria. Sie ist erst seit kurzem im Seniorenheim und leidet an Demenz.
    Unsere Hilde, 103 Jahre alt geworden, beklagte sich nie über ihren Körper, wohl aber über die fehlende Kommunikation, das gemeinsame Lachen und Teilen von Kummer oder Freude.
    Danke für das Einfangen dieses Augenblicks.

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